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Motorische Entwicklung im Kindergartenalter: Worauf achten?

Du hast festgestellt, dass dein Kind im Kindergartenalter manchmal unsicher ist beim Rennen, Springen oder Balancieren – und fragst dich, ob das normal ist? Oder du möchtest einfach besser verstehen, wie sich Bewegungsfähigkeiten in dieser Phase entwickeln und wie du sie fördern kannst? In diesem Artikel beleuchten wir die motorische Entwicklung im Kindergartenalter (ca. 3 bis 6 Jahre) so, dass du als Elternteil oder nahestehender Angehöriger konkret verstehst:

  • Was bedeutet motorische Entwicklung überhaupt?

  • Wie sieht ein „normaler“ Verlauf aus, und wann kann es Auffälligkeiten geben?

  • Wie arbeitet eine Physiotherapiepraxis (oder Hausbesuche in deiner Region) in solchen Fällen?

  • Welche Tipps und Übungen helfen im Alltag?

  • Was sagt die aktuelle Forschung?

Am Ende weisst du, worauf es zu achten gilt – und wir zeigen dir, wie wir dir in unserer Praxis helfen können.

Therapeut unterstützt Kind bei Bewegungsübung – Motorische Entwicklung

Was versteht man unter motorischer Entwicklung?

Mit motorischer Entwicklung bezeichnet man den Prozess, durch den Kinder – durch Reifung von Nerven, Muskeln und Koordination – zunehmend komplexe Bewegungsformen erlernen: vom Krabbeln über Laufen bis hin zu Springen, Balancieren, Werfen oder dem geschickten Umgang mit kleinen Objekten.

Man unterscheidet grobmotorische und feinmotorische Fähigkeiten:

  • Grobmotorik: Bewegungen, die grosse Körperbereiche einbeziehen (z. B. Laufen, Springen, Klettern, Balancieren)

  • Feinmotorik: Geschicklichkeit mit Händen, Fingern, z. B. beim Greifen, Fädeln oder SchneidenDie Entwicklung verläuft typischerweise nach gewissen Prinzipien – z. B. zuerst Kontrolle über Kopf und Rumpf, dann über Arme und Beine (cephalo-caudal), und von groben zu feineren Bewegungen (proximo-distal).


Meilensteine im Kindergartenalter (3–6 Jahre)

Kinder zwischen 3 und 6 Jahren durchlaufen grosse Fortschritte in Koordination, Gleichgewicht, Kraft und Geschicklichkeit.

Typische Entwicklungen sind:

  • sichereres Rennen, Richtungswechsel

  • einfache Sprünge (z. B. mit beiden Füssen abspringen), Hüpfen

  • Treppensteigen im Wechselschritt

  • Balancieren auf schmalen Flächen

  • Werfen und Fangen eines Balls

  • Dreirad- oder Laufradfahren

  • feinmotorisch: Mit Besteck essen, einfache Bastelarbeiten, Puzzeln, schneiden und kleben

Diese Fähigkeiten werden zunehmend flüssiger und automatisiert: Bewegungen wirken weniger „wackelig“. Mehr dazu


Was sind motorische Basiskompetenzen?

In der Kinder- und Bewegungsforschung spricht man oft von motorischen Basiskompetenzen (z. B. im Konzept MOBAK für Kindergartenkinder) – jene grundlegenden Bewegungsfertigkeiten, die später die Ausübung vieler Sport- und Bewegungsaufgaben erst ermöglichen. Mehr dazu

Beispielbereiche:

  • Sich-Bewegen: Laufen, Springen, Balancieren

  • Etwas-Bewegen: Manipulation (z. B. Werfen, Fangen, Greifen)

In der Schweiz zeigen Erhebungen, dass bis zu einem Drittel der Kindergartenkinder einen Förderbedarf in motorischen Basiskompetenzen aufweist. Mehr dazu


Nutzen / Vorteile für das Kind und die Familie

Warum ist es wichtig, die motorische Entwicklung zu verfolgen und falls nötig zu fördern?


Förderung der Selbstständigkeit und Sicherheit

Ein Kind, das sich sicher bewegt, stürzt weniger und hat mehr Freude beim freien Spiel. Gute motorische Fähigkeiten tragen dazu bei, alltägliche Herausforderungen – wie Treppen steigen, auf unebenem Boden laufen oder Balance halten – mit weniger Angst zu bewältigen.


Soziale Teilhabe

Bewegung und Spiel sind zentrale soziale Aktivitäten im Kindergarten und in späteren Jahren. Wenn ein Kind beim Fangen, Klettern oder Rennen unsicher ist, kann das zu Rückzug oder Zurückhaltung führen, gerade in Gruppen.


Positive Auswirkungen auf Kognition und Lernen

Bewegung unterstützt die neuronale Vernetzung und hat positive Effekte auf Aufmerksamkeit, Wahrnehmung und Lernen. Bereits im Kindergartenalter werden motorische und kognitive Entwicklung miteinander verknüpft. Mehr dazu


Prävention motorischer Defizite im Schulalter

Ein solider motorischer Grundstock senkt das Risiko, dass Defizite später sichtbarer werden – insbesondere wenn schulische Anforderungen (z. B. Sport, koordinative Aufgaben) steigen.


Ablauf in der Praxis

Wenn du in unserer Physiotherapiepraxis Interesse an einer Abklärung oder Begleitung der motorischen Entwicklung deines Kindes hast, läuft der Prozess typischerweise so:


Erstgespräch & Anamnese

Wir sprechen mit dir und deinem Kind – über Beobachtungen im Alltag (z. B. Stolpern, Angst vor Balancieren, Schwierigkeiten beim Werfen), über bekannte körperliche Vorerkrankungen, über Aktivitätslevel und Bewegungsgewohnheiten.


Motorische Diagnostik / Screening

Wir nutzen altersgerechte Testinstrumente (z. B. Elemente aus MOBAK oder andere anerkannte motorische Tests) zur Einschätzung, ob motorische Basiskompetenzen altersentsprechend vorhanden sind und wo Defizite möglicherweise bestehen.


Befund & Zielsetzung

Auf Basis der Diagnostik definieren wir gemeinsam mit dir Ziele: Möchtest du, dass dein Kind sicherer balanciert, beim Fangen gute Fortschritte macht, mehr Ausdauer im freien Spiel entwickelt etc.?


Therapie / Begleitende Förderung

Je nach Befund setzen wir interventionsbasierte Programme ein:

  • gezielte Übungen zur Koordination, Kraft, Gleichgewicht

  • spielerische Bewegungsaufgaben, die dem Kind Freude machen

  • Training in Situationen des Alltags (z. B. Garten, Spielplatz)

  • Elterncoaching: welche Bewegungsanregungen ihr zuhause einfach einbauen könnt


Unsere Praxis in Baden ist zentraler Standort für differenzierte Therapieformen. Bei Bedarf kombinieren wir physiotherapeutische Ansätze mit Manueller Therapie, Elektrotherapie, Ultraschalltherapie, oder auch gezielter Ganganalyse und -training, je nachdem, wo der Schwerpunkt liegt.


Kontrollen & Anpassungen

Wir begleiten die Entwicklung über gewisse Zeiträume und passen Übungen, Schwierigkeit oder Umfeld kontinuierlich an – um sicherzustellen, dass dein Kind Fortschritt macht und motiviert bleibt.


Typische Krankheitsbilder oder Situationen

Nicht jeder Entwicklungsverlauf verläuft gleich. Hier sind einige Situationen, in denen besonders genau hingeschaut werden sollte:


(Chronische) Entwicklungsverzögerungen oder -störungen

  • Wenn ein Kind über längere Zeit hinter Gleichaltrigen zurückliegt

  • Wenn Bewegungen auffällig unsicher sind

  • Bei Auffälligkeiten in Grob- und Feinmotorik gleicher- oder übergreifend

Beispiele: Motorische Störungen, Teil einer Entwicklungsstörung (z. B. im Rahmen von Bewegungs- oder Wahrnehmungsstörungen)


Schwächen in konkreten Bereichen

  • Auffälligkeiten beim Balancieren (z. B. häufiges Stolpern)

  • Probleme beim Fangen oder Werfen

  • Schwierigkeiten beim Schneiden oder bei feinmotorischen Bastelarbeiten

  • Unsicherheit bei Übergängen (z. B. Bordsteinkanten, Schwellen)

  • Vermeidung von Bewegungsaufgaben (z. B. Klettern, Rutschen, Trampolin)


Einflussfaktoren, die die motorische Entwicklung erschweren können

Die Forschung zeigt mehrere Risikofaktoren:

  • Übergewichtige oder adipöse Kinder zeigen häufiger Defizite bei motorischen Fähigkeiten. Mehr dazu

  • Bewegungsarmut im Alltag (z. B. zu viel Sitzen, Bildschirmzeit)

  • Frühgeburtlichkeit oder Entwicklungsrisiken aus der Frühzeit

  • Geringes Bewegungsangebot in der Umgebung (fehlende Spielplätze, wenig freies Spielen)

  • Soziale oder bildungsbezogene Unterschiede (z. B. Bildungsniveau der Eltern, Wohnumfeld) Mehr dazu


Tipps und praktische Hinweise

Hier findest du alltagsnahe Ideen, wie du die motorische Entwicklung deines Kindes fördern kannst:


Bewegungsfreudige Umgebung schaffen

  • Frei zugängliche Spielzonen (Drinnen und Draussen)

  • Materialien für Bewegungs-, Kletter- und Balancieraufgaben (Weichboden, Balken, Steine, Seile)

  • Mobile Spielgeräte (Rollen, Balanciersteine, kleine Hürden)


Bewegungsangebote im Alltag integrieren

  • Spaziergänge, Schatzsuchen im Gelände

  • Ballspiele gemeinsam spielen

  • Rennen im Park, Hindernisparcours mit Haushaltsgegenständen

  • Tanzen und Musikspiele

  • Familienaktivitäten mit Bewegung: Velofahren, Roller fahren, Trampolin


Feinmotorik spielerisch fördern

  • Perlen auffädeln, kleine Bausteine

  • Schneiden, Kleben, Malen

  • Formen aus Knete, Bastelmaterial

  • Spiel mit Deckeln, Verschlüssen, Schrauben


Alltagsbewegung einbauen

  • Treppen statt Lift

  • Schuhe zum Zubinden verwenden, nicht nur Klett

  • Im Haushalt kleine Aufgaben mit Bewegung (z. B. Dinge holen, herumtragen)

  • Gemeinsame choreografierte Bewegungsrituale (z. B. Morgengymnastik)


Regelmässigkeit & Motivation

  • Kurze, regelmässige Bewegungseinheiten (5–10 Minuten mehrmals täglich)

  • Interesse des Kindes nutzen: Wenn dein Kind Wasser liebt, integriere Bewegungsaufgaben im Wasser

  • Variieren der Übungen, damit es spannend bleibt

  • Lob und positive Verstärkung


Wenn du Unsicherheiten hast, ob dein Kind im Rahmen liegt oder Unterstützung braucht, kann eine frühzeitige Abklärung in der Kinderphysiotherapie sinnvoll sein.


Studien & evidenzbasierte Aspekte

Die motorische Entwicklung bei Vorschulkindern ist intensiv Gegenstand der Forschung. Hier einige zentrale Befunde:


Zustand der motorischen Entwicklung in der Schweiz

Eine Scoping-Study zeigt: Obwohl viele Kinder in der Schweiz die allgemeinen Bewegungsempfehlungen (z. B. tägliche Bewegungsminuten) erfüllen, besteht bei motorischen Basiskompetenzen ein beträchtlicher Förderbedarf – bis zu 30 % der Kinder im Vorschulalter haben Defizite.

Unterschiede zeigen sich in Abhängigkeit von Gewicht, politischer Region (Deutschschweiz vs. Westschweiz), ländlichem vs. städtischem Umfeld, sowie dem Bewegungsangebot im Wohnumfeld.

In der Studie Kühnis et al. (2019) wurden 403 Kinder zwischen 4 und 6 Jahren in Bewegungs- und Regelkindergärten getestet (MOBAK-KG). Die Ergebnisse deuteten signifikant bessere Werte in Bewegungskindergärten und ländlichen Umgebungen.

Die seit 2021 laufende Schweizer EMOKK-Studie erweitert dieses Wissen: Sie verfolgt über mehrere Jahre den Entwicklungsverlauf motorischer Basiskompetenzen bei Kindergarten- und Primarschulkindern, und untersucht, welche schulischen und außerschulischen Faktoren die Entwicklung beeinflussen. Mehr dazu

Das Monitoring-Projekt für motorische Basiskompetenzen (4–8 Jahre) der PH Zürich untersucht zudem den Zusammenhang zwischen motorischen Fähigkeiten und Umweltbedingungen, individuellen Merkmalen und Gesundheit.


Wichtige Erkenntnisse & Empfehlungen

  • Leistungsunterschiede sind stark von Kontextfaktoren abhängig (z. B. Wohnumgebung, Bewegungskindergarten vs. Regelkindergarten).

  • Bewegungsangebote alleine reichen nicht aus – zielgerichtetes und didaktisch durchdachtes Training ist effektiver, besonders wenn es kindgerecht gestaltet wird.

  • Die Qualifikation der Fachpersonen, die Bewegungsangebote begleiten, ist entscheidend – sie müssen sowohl pädagogische als auch entwicklungsbezogene Kompetenzen haben.

  • Es gibt Forschungslücken vor allem hinsichtlich langfristiger Längsschnittdaten und konkreter Interventionsstudien speziell im Vorschulalter.

  • In Bezug auf Sensorik, Neurosignale und Technologie (z. B. Bewegungsmessung, Wearables) entstehen neue Ansätze zur Erfassung und Analyse motorischer Entwicklung – so wie das ChildCI-Framework in der Computermedien-Forschung Ansatzpunkte liefert. Mehr dazu


Grenzen und Hinweise

  • Interindividuelle Unterschiede sind gross: Nicht bei jedem Kind laufen Entwicklungen synchron ab

  • Es besteht die Gefahr von Überspezialisierung (zu früh zu viel Leistung zu fordern)

  • Diagnostikinstrumente sind nicht für jede Kultur, Region oder Umfeld gleich gut angepasst – lokale Normwerte sind wichtig

  • Effektstärken von Bewegung auf kognitive Funktionen sind oft moderat; Bewegung ist sinnvoll als unterstützender Faktor, nicht alleiniger Hebel


Fazit

Die motorische Entwicklung im Kindergartenalter ist eine bedeutende Phase, in der Kinder ihre Bewegungsfähigkeiten rasch ausbauen und festigen – von Balancieren über Werfen bis zur Geschicklichkeit mit den Händen. Zugleich ist sie nicht selten herausfordernd: Bis zu einem Drittel der Kinder zeigen in der Schweiz Defizite in motorischen Basiskompetenzen.

Mit gezielter Diagnostik und Therapie unterstützen wir euch, dass dein Kind motorisch sicherer, bewegungsfreudiger und selbstbewusster wird.

Wenn du merkst, dass dein Kind bei Bewegungsaufgaben unsicher ist oder du gezielt Tipps und Förderung wünschst – jetzt online anmelden zu einem ersten Gespräch und Abklärung in unserer Praxis oder per Hausbesuch.


Möchtest du die motorische Entwicklung deines Kindes gezielt begleiten und fördern? Melde dich jetzt online an für eine Erstabklärung in unserer Physiotherapiepraxis. Gemeinsam finden wir heraus, wie wir deinem Kind bestmöglich helfen können.



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